Peter Frenzel, Wolfgang W. Keil, Peter F. Schmid, Norbert Stölzl (Hg.)
KLIENTEN/PERSONZENTRIERTE
PSYCHOTHERAPIE
Kontexte, Konzepte, Konkretisierungen
Wien
(Facultas Universitätsverlag)
2001
ISBN 3-85076-481-8
488 Seiten, div. Abb., broschiert • 36 EUR
SUBSKRIPTIONSPREIS bis 26. Mai 2000: 398 öS
55 DM 51 sFr
Cover Kurzbeschreibung Rezensionen Stichwörter AutorInnen Die Beiträge (Inhalt) Das Vorwort russische Ausgabe
Person-/Klientenzentrierte Psychotherapie, Personzentrierter Ansatz, Geschichte, Anthropologie, Erkenntnistheorie, Persönlichkeitstheorie, (therapeutische) Beziehung, Entwicklungspsychologie, Therapietheorie, Therapiepraxis, differentielle Theorien, Indikation, Diagnostik, Methode und Technik, Prozess, Gruppe, Politik, Gesellschaft, Ethik, Settings, Zielgruppen, Schulenvielfalt, Vereine, Ausbildung, Forschung
Anna Auckenthaler Christoph Fischer Peter Frenzel (2) Winfried Janisch Wolfgang Keil (4) Sonja Kinigadner Lore Korbei Christian Korunka Beatrix Mitterhuber Hans Pabst Barbara Reisel Joachim Sauer Peter F. Schmid (5) Karl Sommer Norbert Stölzl Hans Wolschlager
Die
Grundlagen und die Vielgestaltigkeit Person– bzw. Klientenzentrierter
Psychotherapie
Vorwort
Ziel
des vorliegenden Bandes ist, in kompakter Form einen übersichtlichen und —
bei aller nötigen Beschränkung durch den zur Verfügung stehenden Umfang —
möglichst umfassenden Überblick über den aktuellen Stand der Theorie und
Praxeologie der Personzentrierten bzw. Klientenzentrierten Psychotherapie zu
bieten. Damit soll ein Kompendium der wesentlichen Inhalte als Grundlage für
die Aus–, Weiter– und Fortbildung zur Verfügung stehen.
Die Herausgeber, allesamt seit vielen Jahren in der Aus– und Weiterbildung tätig,
möchten damit einen soliden Beitrag zur Orientierung innerhalb der
Psychotherapie mit ihren verschiedenen Schulen, innerhalb der
Klientenzentrierten Therapie mit ihren unterschiedlichen Zugängen und zur
fachspezifischen Ausbildung und berufsbegleitenden Reflexion auf diesem Gebiet
leisten. Darüber bietet das Buch auch für verwandte Bereiche, wie Beratung,
Supervision, Bildung und Ähnliches, eine wesentliche Basis hinsichtlich
Theorie, Methodik und Praxis.
Konzepte
Der Personzentrierte Ansatz stellt sich heute, viele Jahrzehnte nach seiner Begründung durch Carl Rogers in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, als vielgestaltiger und vielschichtiger Zugang zum Menschen in seiner Mit– und Umwelt mit einem interdisziplinären und multiprofessionellen Anspruch dar. Er reicht von der Philosophie und Theologie, von der Wissenschaftstheorie und Kulturphilosophie bis zu den verschiedensten Gebieten der Human– und Gesellschaftswissenschaften, von der Wirtschaft bis zur Literaturwissenschaft, von der Medizin bis zur Politik, von Kunst und Kultur bis zur Praxis des täglichen Zusammenlebens im beruflichen und privaten Bereich (s. dazu das Kapitel 13). Bei allen Gemeinsamkeiten reichen die geschichtlich und kulturell entstandenen Unterschiede (Kapitel 1) in Verständnis, Schwerpunktsetzung und Terminologie dabei vom Prinzipiellen bis in Details. So bietet sich heute kein einheitliches, sondern ein komplexes und vielfältiges Bild.
Das gilt gerade auch für die Psychotherapie, jenes Fachgebiet, auf dem der Ansatz entwickelt wurde. Innerhalb der Psychotherapietheorie und –praxis, die sich von Rogers herleitet, ist es dabei nicht nur zu einer Fülle einander ergänzender Sichtweisen und Handlungsansätze, sondern auch zu einander widersprechenden Auffassungen und Verwirklichungen gekommen. Deshalb kann heute, genau genommen, eigentlich nur im Plural von person– bzw. klientenzentrierten Ansätzen die Rede sein. Soweit dabei die entscheidenden Prinzipien des Menschenbildes und der humanistischen Werte die Grundlage bilden, ist dies durchaus im Sinne des Erfinders: Carl Rogers hat sich stets für Pluralität und gegen Uniformität, für Weiterentwicklung und gegen Dogmatismus oder Fundamentalismus ausgesprochen. Umgekehrt kann sich ein an eklektischer Beliebigkeit orientiertes oder bloß pragmatisch–effizienzorientiertes Vorgehen nicht zu Recht auf den Begründer berufen oder die Bezeichnung „person– oder klientenzentriert“ für sich beanspruchen.
Die Vielfalt und zum Teil Widersprüchlichkeit der Zugänge ist auch in diesem Band zu finden. Die einzelnen Autoren stellen das zu behandelnde Thema jeweils aus ihrem eigenen Verständnis und ihren Kontexten heraus dar. Im Sinne der Zielsetzung des Buches wird so die Pluralität der Ansätze, wie sie sich heute bietet, sichtbar. Bei aller Buntheit des Bildes wird jedoch durchgehend die Verpflichtung auf das Grundsätzliche deutlich. Der Leserin und dem Leser wird, ganz im Sinne des Ansatzes, nicht erspart, in der Auseinandersetzung mit den Ansichten der Autorinnen und Autoren ihr jeweils persönliches Verständnis von person– oder klientenzentriert zu entwickeln. Der vorliegende Band versteht sich dementsprechend als „Lernbuch“ und nicht als Lehrbuch .
Kontexte
Der Ansatz ist in Amerika, um die Mitte der 20. Jahrhunderts, in einer von New Deal und Individualismus geprägten Umwelt entstanden. Er verstand sich von Anfang an als kulturkritisch und richtete sich gegen den Mainstream in Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie. Trotzdem wurde er natürlich ein Kind seiner Zeit. In vieler Hinsicht hat auch der persönliche Stil von Carl Rogers das Verständnis und die Praxis des Ansatzes geprägt (und tut dies bis dato).
Bei aller Verbreitung über die gesamte Welt und in viele Kulturen hat sich heute der Schwerpunkt der theoretischen Entwicklung nach Europa verlagert, in den englisch–, deutsch– und flämischsprachigen Raum. Besonders im deutschen Sprachraum, und hier wiederum, so soll nicht unbescheiden festgehalten werden, in Österreich, wurden bedeutende Weiterentwicklungen initiiert und konkretisiert. Dabei spielen vor allem die Auseinandersetzung mit der abendländischen Philosophie, insbesondere der Anthropologie und der Erkenntnistheorie eine nachhaltige Rolle. In Deutschland wurden, ausgelöst durch die Auseinandersetzungen im gesundheitspolitischen Bereich, differentielle Konzepte einer Störungslehre entwickelt. Die Entstehung und Ausbreitung der Experienziellen Psychotherapie nach Eugene Gendlin hat zu einer eigenen Spielart und differenzierten Sicht der inneren Vorgänge bei der Persönlichkeitsentwicklung, aber auch zu einer kritischen Auseinandersetzung innerhalb der personzentrierten Orientierung geführt. Die weiteren Entwicklungen der Psychotherapie, besonders die systemischen Ansätze, haben gleichfalls zu einer Reflexion und teilweisen Neupositionierung im Selbstverständnis in der Spannung zwischen Person und Kontext geführt. Oft findet sich eine Neuentdeckung und Wiederbesinnung auf Grundwerte des Ansatzes, die im Licht neuerer Entwicklungen und eines anderen Umfelds besser verstanden werden können. Nicht zuletzt die Schwierigkeiten im Bereich der Gesundheitspolitik sind ein Beispiel dafür, dass die ursprüngliche Radikalität der Orientierung an der Person nach wie vor den Ansatz kennzeichnet.
Was im Großen gilt, gilt auch im Kleinen: Die unterschiedlichen Ansätze zeigen sich auch in der Tradition und Grundausrichtung der einzelnen Vereinigungen (Kapitel 17), die sich der Verbreitung, Lehre und Forschung verschrieben haben, und auch innerhalb derselben. Dies bietet die Möglichkeit zu fruchtbarer Auseinandersetzung. Auch sie hat in diesem Buch ihren Niederschlag gefunden hat.
Konkretisierungen
Nach einer geschichtlichen Übersicht, die eine Kurzbiographie von Rogers ebenso enthält wie die aktuellen Entwicklungen (Kapitel 1), werden die philosophischen und anthropologischen Grundlagen skizziert und der soziokulturelle Kontext aufgezeigt (Kapitel 2). Daran schließt sich eine Darstellung der personzentrierten Persönlichkeits– und Beziehungstheorie, ausgehend vom Verständnis des Menschen als Person (Kapitel 3), und der Entwicklungspsychologie des Ansatzes (Kapitel 4). Nach Ausführungen zur klientenzentrierten Therapietheorie auf der Basis der notwendigen und hinreichenden Bedingungen für Persönlichkeitsentwicklung durch Psychotherapie, wie sie Carl Rogers 1957 postuliert hat (Kapitel 5), werden Möglichkeiten und Bedeutung einer differentiellen Störungslehre aufgezeigt. Dies geschieht anhand schizophrenen Erlebens, der Borderline–Symptomatik, depressiver sowie unter Sucht– und Drangerkrankungen leidender Menschen (Kapitel 6). Danach werden Indikation und Diagnostik (Kapitel 7), die Frage des Verhältnisses von Beziehung, Methode und Technik (Kapitel 8) sowie Prozessverläufe Personzentrierter Therapien (Kapitel 9) diskutiert.
Ein eigenes (10.) Kapitel behandelt die Personzentrierte Gruppenpsychotherapie, verstanden als Vollform und nicht als Anwendung des Ansatzes. Die Abschnitte über Psychotherapie in spezifischen Settings (z. B. Spieltherapie, Therapie unter Zwangssituationen) und mit verschiedenen Zielgruppen (Therapie mit Kindern, Jugendlichen und Familien) (Kapitel 11), über klientenzentrierte Krisenintervention (Kapitel 12) sowie die vielfältigen Formen personzentrierter Arbeit jenseits der Psychotherapie, wie Psychiatrie, Pädagogik, Sozialarbeit, Beratung, Supervision, Organisationsentwicklung, Pastoral usw. (Kapitel 13), zeigen die Vielfalt und Breite des Ansatzes. Die Aufsätze über seinen spezifischen Beitrag zur Psychotherapieforschung (Kapitel 14), seine gesellschaftspolitischen Bezüge (Kapitel 16) und sein Verhältnis zu anderen Therapierichtungen (Kapitel 17) positionieren die Person– bzw. Klientenzentrierte Psychotherapie im gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Umfeld. Den Abschluss bilden kurze Darstellungen der Vereinigungen, denen die Herausgeber angehören, und ihrer Aus– und Weiterbildungsangebote (Kapitel 17).
Die zusammengefasste Literaturliste der Werke von Rogers und das Stichwortverzeichnis bieten die Möglichkeit zum Nachschlagen und zusammen mit der bei einzelnen Kapiteln angeführten Literatur zur Vertiefung.
Wien, im Frühjahr 2000
Peter
F. Schmid
namens der Herausgeber
Russische Ausgabe
Eine russische Ausgabe ist in Vorbereitung und wird 2004 beim Verlag des Center for European Education in Psychotherapy in Moskau erscheinen. Kontakt: Dr. Galina Pokhmelkina.